
Stephanie Reichard (links) mit Esel Nino und Stefanie Schneider mit Jimmy, und den Kindern Morice (4), Gianna (2) und Giulio (3). Nicht auf dem Bild sind die siebenjährige Amlie und der sechsjährige Luis.
Steckbrief
Name: Nino und Jimmy
Rasse: Hausesel
Alter: 15 Jahre (Nino) und 10 Jahre (Jimmy)
Wohnort: Stachen bei Arbon
Lieblingsessen: Rüebli
Charakter: Jimmy ist für alles zu haben und lässt viel mit sich machen, etwas frecher als sein Kumpel. Nino ist vorsichtiger. Beide sind zutraulich und neugierig.
Esel anzuschaffen, war nie ein Plan von Stefanie Schneider und Stephanie Reichard, als sie zusammen in ein grosses Haus in Stachen bei Arbon gezogen sind. Zu viert wohnten sie dort in einer Wohngemeinschaft, direkt neben einer Scheune und Wiesen. «Die WG war ein Experiment und wir hatten eine tolle Zeit», sagt Stefanie Schneider. Sie hielten Hühner, zwei Katzen und gaben vorübergehend auch drei Schweinen ein Zuhause.
Dann hörten sie die Geschichte von Nino, einem Esel aus dem Entlebuch, der Schafe vor dem Wolf beschützt. Wegen einer Änderung im Tierschutzgesetz konnte er nicht mehr als Herdenschutz-Esel eingesetzt werden. Denn Esel müssen zu zweit gehalten werden. Tut man das, beschäftigen sie sich lieber mit den Artgenossen und beschützen die Schafe nicht mehr. Nino hatte ausgedient und stand vor einer ungewissen Zukunft.
Esel machen laut auf sich aufmerksam
Die beiden Freundinnen entschieden, Nino bei sich aufzunehmen. Unter der Bedingung: Alle Beteiligten mussten innerhalb von fünf Tagen zusagen. Nicht unbedingt einen Esel gewünscht habe sich ihr Partner, sagt Stefanie Schneider und lacht. Trotzdem unterstützte er sie tatkräftig.
Der Vermieter stellte ihnen den Stall samt Wiese vor dem Haus zur Verfügung. Sie organisierten den Transport und holten sich das Okay der Nachbarn. Denn: Esel können ziemlich laut werden. Die beiden 36-jährigen Frauen sind sich einig:
«Ohne das Wohlwollen unserer Vermieter, Partner und der Nachbarn wäre das nicht möglich gewesen.»
Die Katzen unter den Huftieren
Einen Weggefährten für Nino fanden sie in der Zeitschrift «Tierwelt». Auch Jimmy war ein Esel, der mit der Änderung des Tierschutzgesetzes sein Zuhause verlor. Geld für die Anschaffung der beiden Tiere hatten sie eigentlich keines, Stefanie Schneider wurde gerade Mutter und arbeitete nicht. So suchten sie nach Paten für die Esel und erhielten Unterstützung aus der Familie.
Die beiden Hengste gingen zu Beginn nicht gerade zimperlich miteinander um. Mittlerweile sind die Esel kastriert und etwas ruhiger. Sobald das Hormonproblem nicht mehr da war, konkurrierten sie nicht mehr miteinander und wurden ein gutes Gespann.

Esel sind nicht per se stur
Ihre Besitzer beschreiben sie als sehr zutraulich und gutmütig im Umgang mit den Kindern. Entgegen ihrem Klischee bezeichnen sie die Tiere nicht als stur, sondern eher als vorsichtig: «Sie wissen, was sie wollen.» Im Gegensatz zu Pferden sind Esel nur bedingt Fluchttiere. Sie seien eher die Katzen unter den Huftieren.
Inzwischen wohnt Stephanie Reichard mit ihrer Familie in einem Haus ganz in der Nähe. Stefanie Schneider, ihr Partner und die gemeinsamen Kinder blieben in der einstigen WG. Die Pflege der Tiere teilen sich die Freundinnen. Auch bei der Kinderbetreuung haben sie sich organisiert – beide sind Teilzeit als Arbeitsagogin tätig. Für die Kinder sei es toll so aufzuwachsen. Im Umgang mit den Tieren würden sie viel lernen.
Schneider, die selbst auf einem Bauernhof aufwuchs, ist froh um die Unterstützung und das Wissen ihres Vaters, der zum Beispiel bei der aufwendigen Hufpflege hilft.
Kinderwagen in einer, Esel in der anderen Hand
Ein Wunsch von Stephanie Reichard wäre es, in Zukunft mit den Eseln tiergestützte Therapie anzubieten. Eine entsprechende Ausbildung hat sie bereits in der Tasche. Reichard sagt: «Esel sind dafür perfekt geeignet. Sie sind zutraulich, mögen es, wenn man sie streichelt, und fördern das eigene Selbstvertrauen.»
Oft gehen alle zusammen spazieren, früher auch mit Kinderwagen in einer und Esel in der anderen Hand. Aufmerksamkeit ist ihnen garantiert. Passanten sind amüsiert und wollen Fotos machen. Reichard sagt:
«Esel sind Sympathieträger.»
Aber sie können auch anders: Nino und Jimmy sind auch schon ausgebüxt: Sie sind zwar klein, aber wenn sie durchbrennen, könne man sie kaum halten. «Dass wir die beiden Esel bei uns aufgenommen haben, bereuten wir keinen Tag.»